OZ: Sänger warten sehnsüchtig auf Präsenzproben |
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Die Stimmung beim Chor des MGV Union ist coronabedingt nicht die Beste, aber der Gesangverein versucht, das Beste daraus zu machen / Konzert für Ende Oktober terminiertAm 25.05.2021 erschienen in der "Odenwälder Zeitung" - www.wnoz.de WALD-MICHELBACH. Die Gesangvereine dürfen ihre Stimmen nicht ertönen lassen. Landauf, landab können es die Sänger kaum noch erwarten, endlich wieder zu proben und ein Konzert zu gestalten. Zwischenzeitlich hielt sich der MGV Union Wald-Michelbach mit Onlineproben über Wasser. Wenn alles glattgeht, soll Ende Oktober ein Konzert in der Rudi-Wünzer-Halle stattfinden. Es gibt aber zur Vorsicht einen Plan B. Die OZ unterhielt sich mit dem Vorstandsteam um den Vorsitzenden Alexander Rudolf. Das vergangene Jahr war bereits sehr schwer für die Gesangvereine. Wie hat es die Union gemeistert?Alexander Rudolf: Die Union konnte diese schwierige Zeit doch recht gut meistern. Zwar fehlen die regelmäßigen Proben am Freitag, die Kontakte und der Austausch mit den einzelnen Sängern. Aber wir haben die Zeit, als die Proben von März bis Ende August ausgesetzt wurden, mit regelmäßigen Online-Meetings überbrückt. Somit konnten wir zumindest den Kontakt im Chor aufrechterhalten. Ab August starteten wir dann mit Proben im Freien und später in der Rudi-Wünzer-Halle mit großem Abstand, was zu Beginn eine ungewohnte Situation darstellte. Die Freude darüber dauerte leider nur bis Ende Oktober, danach konnten wir wieder nur unsere regelmäßigen Online-Meetings durchführen. Wie steht ihr Chöre in der öffentlichen Wahrnehmung durch die Politik? Erscheint ihr auf deren Radar?Hans-Joachim Karl (Chorleiter): Natürlich würden wir uns eine größere Aufmerksamkeit in der Politik wünschen. Neben dem reinen Kulturgut, dem Singen in Chören, wird ja auch das komplette soziale und gesellschaftliche Wirken dieser Vereine ausgehebelt. Die wenige Beachtung aus der Politik liegt wohl daran, dass die Menschen in den Chören im Allgemeinen sehr verständig waren und wir unsere Verantwortung für die Gesellschaft auch in Zeiten der Pandemie gelebt haben. Umso mehr benötigen diese Gruppierungen jetzt nach dieser sehr langen Durststrecke die Unterstützung der Gremien – nicht nur in Form finanzieller Hilfen, sondern besonders in der Schaffung kreativer Möglichkeiten und Verordnungen, um schnellstens wieder mit den Proben – später auch mit Auftritten – anfangen zu können. Plant ihr schon für die zweite Jahreshälfte oder wartet ihr erst einmal ab, wie sich die Pandemie-Lage entwickelt?Julius Rückert (Zweiter Vorsitzender): Tatsächlich haben wir die Planungen gestartet. Die Online-Proben sind auf Dauer ermüdend und werden selbst in der technischsten Variante nur eine Krücke sein. Um den Mut nicht zu verlieren, planen wir für Ende Oktober ein Konzert. Ob dieses stattfinden kann, ist natürlich unsicher. Sollte es, selbst vor kleinem Publikum, nicht möglich sein, planen wir virtuell. Aber wir lassen das auf uns zukommen. Alle weiteren Veranstaltungen sehen wir derzeit als schwierig an. Wie sind eure Ideen, um baldmöglichst wieder eine geregelte Chorarbeit möglich zu machen? Was braucht es dazu?Karl: Geregelte Chorarbeit bedeutet natürlich ein wieder überschaubares Infektionsgeschehen und eine weitere Steigerung der Impfungen. Verantwortungsvolle Hygienekonzepte sind bereits vorhanden und erprobt. Die musikalische Klangarbeit und besonders interpretatorische Details in den Werken müssen ausgearbeitet werden können. Dazu wird es unerlässlich sein, sich Gedanken über Luftreiniger für die Probenräume zu machen – die aber leider extrem teuer sind. Mittlerweile haben wir auch viele neue Ideen entwickelt. Die wären?Karl: Dies sind etwa digitale Möglichkeiten der Probe mit Softwarelösungen, die in der Pandemie entwickelt wurden, um gemeinsam zu singen. Wir selbst befinden uns dazu gerade in der Pilotphase und haben schon mal erste Proben abgehalten. Außerdem – und das ist etwas, das uns aus der Krisenzeit bleibt – gibt es die Möglichkeit von Hybridproben, um besonders Stimmgruppen- und Einzelproben effektiv zu gestalten. Was ganz neu ist, sind digitale Konzertformate mit Streaming, Hören „on Demand“ oder auch digitale Mitgliederwerbung. Dadurch ergeben sich für uns neue Chancen für eine andere, aber auch bessere Zukunft. Alles in allem sehe ich mehr die Chancen als etwas Positives aus dieser Zeit. Nach einem halben Jahr ohne Präsenztreffen: Wie ist die Stimmung in der Union?Rudolf: Die Stimmung ist wie in allen anderen Vereinen, welche durch die Pandemie sehr stark in ihren Aktivitäten eingeschränkt wurden, natürlich nicht die beste. Aber wir versuchen, nicht den Kopf hängen zu lassen, die Zeit zu überbrücken und immer nach neuen Möglichkeiten zu suchen, damit wir wieder unserem Hobby, dem Singen, nachgehen können. Viele Sänger, die regelmäßig an unseren Online-Terminen teilnehmen, warten schon sehnsüchtig auf die Chorproben in Präsenzform. Wie seid ihr dem erneuten Lockdown ab Anfang November begegnet?Rückert: Direkt mit dem Start des zweiten Lockdowns stand unsere nachgeholte Jahreshauptversammlung an. Sie wurde aufgrund der alarmierenden Entwicklungen kurzfristig als Online-Sitzung umgesetzt. Die Vorstandswahlen wurden auf 2021 verlegt. Auch der Vorsitzende des Sängerkreises, Wolfgang Schlapp, nahm teil und lobte die Umsetzung und das Format. Als sich im Januar keine Besserung abzeichnete, starteten wir mit Online-Proben. Wir verwendeten MS-Teams und später dann Zoom für „Ein-Weg-Proben“: Der Chorleiter überträgt seinen Ton an alle, spielt Klavier und singt dazu. Man hört sich nicht, aber sieht sich und ein Gemeinschaftsgefühl kommt auf. Das führen wir seither alle zwei Wochen durch. Dirigent Hans-Joachim Karl probt so einzeln mit jeder Stimme für 30 bis 40 Minuten. Dieser Einsatz geht weit über den Aufwand normaler Chorproben hinaus. Ein Ersatz für normale Proben ist das nicht. Aber zumindest bleiben wir so am Ball. Wir lernen neue Stücke und können damit dann hoffentlich schneller wieder starten. Welche Aktivitäten standen über den Sommer 2020 hinweg an?Rudolf: Der Chor hat meistens für das Sängerjahr feste Termine geplant, die schon über Jahre hinweg immer wieder stattfinden, zum Beispiel das Vatertags-Grillfest oder auch mehrere Sängerfeste. Für 2020 hatten wir ein Chorprojekt gestartet wie bereits 2017. Ein für Juli geplantes Abschlusskonzert stand schon fest. Aber kein Termin konnte stattfinden, nichts war mehr möglich. So haben wir nur ein Treffen im August auf Abstand mit einer kleinen Wanderung verbunden, was nach einer langen Zeit, ohne sich persönlich gesehen zu haben, eine schöne Abwechslung war. tom |